
Lemgo. Der Haupt- und Finanzausschuss Lemgos hat jetzt mehrheitlich beschlossen, dass sich die Alte Hansestadt der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ anschließt. Das Bündnis fordert für Kommunen mehr Flexibilität für das Festlegen von Geschwindigkeitsbegrenzungen vom Bund. In Lemgo spielen noch weitere Aspekte eine Rolle.
Die Mitgliedsstädte der Initiative wollen in Zukunft die Möglichkeit haben, selbst bestimmen zu können, wo innerorts welche Höchstgeschwindigkeiten gelten. Das Bündnis sieht laut Positionspapier Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume. Die bestehenden Ansätze der Initiative, wie und auf welchen Straßen eine Umsetzung stattfinden könnte, wurden von den Mitgliedern des Hauptausschusses für die Lemgoer Verhältnisse als bedeutend betont: Tempo 30 soll da, wo es in Betracht gezogen wird, in Verkehrsversuchen von der Unteren Straßenverkehrsbehörde mit den beteiligten Fachleuten koordiniert werden. Der ÖPNV darf nicht ausgebremst werden, das Rendezvous-System des Stadtbusses soll weiter funktionieren.
Der Verkehr soll fließen, damit keine Strecken für Schleichverkehr entstehen. Und ganz wichtig für Lemgo: Es muss gewährleistet sein, dass die Freiwilligen Feuerwehr im Einsatzfall schnellstmöglich zu ihren Standorten kommen können. Dieser Punkt wird der Initiative als zusätzliche Anregung vorgelegt. Damit es überhaupt so weit kommen kann, müsste für solche Freiräume die Straßenverkehrs-Ordnung, eine Bundes-Verordnung, geändert werden. Der Initiative haben sich seit ihrer Gründung in Juli 2021 mehr als 530 Städte, Gemeinden und Landkreise angeschlossen.
Soweit das Ansinnen der Politiker. In Lemgo sieht die Praxis so aus: Lediglich auf den wenigen Hauptverkehrsstraßen gilt das reguläre innerstädtische Tempo von 50 Stundenkilometern. Wohngebiete sind allesamt als Tempo-30-Zonen ausgewiesen, Sensible Bereiche auf den Hauptverkehrsstraßen sind zumindest tagsüber gedrosselt. Siehe Richard-Wagner-Straße (Schulen), Rintelner Straße (Klinikum) oder die rund um die Uhr mit Schneckentempo belegte Engelbert-Kämpfer-Straße. De Facto gibt es in Lemgo vom gesunden Menschenverstand her also kaum Handlungsbedarf, das Tempo noch weiter zu drosseln. Zudem sind Neufahrzeuge seit einigen Jahren verpflichtend mit Radar- und Kamera-gestützten Kollisionsassistenten ausgestattet, welche Auffahrunfälle oder gar PKW/Fußgänger-Kollisionen recht zuverlässig verhindern können.
Auch die Bremswege allgemein haben sich in den letzten 30, 40 Jahren enorm verkürzt, unter anderem durch ABS, ESP und griffigere Reifenmischungen. Man darf gespannt sein, wie die Argumente des erwähnten Bündnisses auf die Alte Hansestadt bezogen aussehen werden.