Der Krieg in der Ukraine hat es notwendig gemacht, sich mit möglichen Folgen des Krieges für Deutschland und in unserem Fall für den Kreis Lippe auseinanderzusetzen. Das mögliche Szenario einer Gasmangellage ist seit Wochen ein bundesweites Thema. Im Kreis hat sich vor diesem Hintergrund eine Arbeitsgemeinschaft „Kritische Infrastruktur“ (AG KRITIS) gebildet, die vorbereitende Maßnahmen für den „Fall der Fälle“ trifft.
„Wir spielen ein Szenario durch, das eintreten kann, aber nicht muss. Mit Blick auf den Winter sind die Gasspeicher laut Aussage der Bundesregierung gut gefüllt. Dennoch wollen wir als Kreis, Polizei und Kommunen bestmöglich vorbereitet sein und kreisweit einheitlich vorgehen, sollte es tatsächlich zu einer Störung der Gasversorgung kommen. Wir wollen die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren, aber für Panik besteht kein Grund“, betont Dr. Axel Lehmann in seiner Funktion als Landrat und Leiter der Kreispolizeibehörde.
Neben der Frage, wie Energie eingespart und die Energieversorgung auf andere Weise gesichert werden kann, stellt sich – insbesondere aus Sicht des Zivil- und Katastrophenschutzes – die Frage, wie die Folgen einer Gasmangellage vor Ort bewältigt werden können. Die Versorgung der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung stehen dabei im Fokus.
Besondere Rolle kommt den Kommunen zu
Seit einigen Monaten beschäftigt sich die AG KRITIS daher intensiv mit unterschiedlichen Fragestellungen und entsprechenden Lösungsvorschlägen rund um das Thema. Teilnehmer der AG sind das Krisenmanagement des Kreises Lippe (u.a. Bevölkerungsschutz, Umweltamt, Gesundheitsamt), die Kreispolizeibehörde, Vertreter der lippischen Gasversorger sowie ein Vertreter der Bürgermeister.
„Mit dem Krisen-Know-how des Kreises und den bewährten Strukturen der Städte und Gemeinden schaffen wir jetzt die Voraussetzungen, im Fall der Fälle bestmöglich vorbereitet zu sein“, erklärt Dirk Becker als Sprecher der lippischen Bürgermeister. „Als Vertreter der Bürger sind wir uns unserer Verantwortung bewusst und wollen den Menschen Handlungsanweisungen an die Hand geben“.
Eine besondere Rolle käme den Kommunen zum Beispiel dann zu, wenn Heizungen länger kalt bleiben oder die Stromversorgung über Tage ausfallen würde. Ausgewählte Liegenschaften könnten bei lang anhaltender Kälte zentrale Aufwärmstation für Personen werden, die keine andere Anlaufstelle haben. Feuerwehrgerätehäuser oder alternative zentrale Punkte in den Kommunen könnten als Anlaufpunkt in Gefahrensituationen dienen, wenn aufgrund eines Stromausfalls keine Notrufe mehr abgesetzt werden können.
„In einer Krise kommt es aber auch auf die Eigenverantwortung jedes einzelnen an, damit Rettungskräfte Kapazitäten für diejenigen haben, die sich nicht alleine helfen können“, unterstreicht Landrat Lehmann. Er appelliert an alle, sich immer – und unabhängig vom Krieg in der Ukraine – möglichen Folgen einer Krise bewusst zu sein: „Jeder kann sich haltbare Lebensmittel und Wasservorräte ins Regal stellen, eine Notfallapotheke vorhalten oder sich ein Radio mit Batteriebetrieb anschaffen“, nennt er einige Maßnahmen, die jeder zu Hause treffen kann. Auch die Betreiber von kritischer Infrastruktur nimmt er in die Pflicht: „Notfallpläne sind ein Muss im Krisenmanagement“.
Polizei bleibt handlungsfähig
Neben der Versorgung der Bevölkerung spielt die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei solch einem Szenario eine entscheidende Rolle. „Die Kreispolizeibehörde Lippe bleibt auch im Falle einer Gasmangellage oder einem längerfristigem Stromausfall handlungsfähig. Wir werden stets für die Bürger ansprechbar sein und für die Sicherheit im Kreis sorgen“, betont Polizeidirektor Alexander Fenske, Abteilungsleiter Polizei bei der Kreispolizeibehörde Lippe. Sowohl auf Landes- als auch auf Kreisebene gibt es Notfallpläne, die zum Beispiel die Alarmierung der Einsatzkräfte oder die Kraftstoffversorgung gewährleisten.
Deutlich wird, dass eine Krisen-Lage, die über ein paar Tage hinaus geht, ganz Deutschland vor eine große Herausforderung stellen würde. „Wir sind gut aufgestellt, können aber nicht sagen, was auf uns zukommt. Alle Maßnahmen, die wir jetzt treffen, tragen aber dazu bei, dass wir bestmöglich vorbereitet sind“, resümiert der Landrat.