Kastelic‘ 17. Parade macht die Heimpremiere perfekt

Lemgo, 3. September. Sein neunter Strafwurf entpuppte sich als wichtigster: Als Samuel Zehnder auch
den letzten Siebenmeter versenkt und damit seine hundertprozentige Ausbeute perfekt gemacht hatte,
galt es noch eine zehnsekündige Angriffswelle der Erlanger zu überstehen. Als diese am glänzend
aufgelegten Urh Kastelic zerschellt war, kannte der Jubel sowohl auf dem Platz als auch auf den
Tribünen keine Grenzen: Mit 28:27 (16:14) hat der TBV Lemgo Lippe den HC Erlangen nach einem
höchst intensiven Spiel in die Knie gezwungen, und feiert vor 3056 Zuschauern in der Phoenix Contact-
Arena im zweiten Anlauf den ersten Saisonsieg.

TBV-Keeper Urh Kastelic lieferte ein bravoröuse Partie im Spiel gegen Erlangen ab.

Vor dem Spiel: Wie schon bei der Auftaktniederlage in Gummersbach musste TBV-Trainer Florian
Kehrmann auch für die Heimpremiere auf die verletzten Tim Suton und Bobby Schagen verzichten.
Ebenfalls nicht mit dabei war Emil Buhl Laerke. Dafür waren Oleksil Tomashevskyi und Frederik Puls
ins Lemgoer Spieltagsaufgebot gerückt. Den Rückraum bildeten Thomas Houtepen, Lukas Hutecek und
Niels Versteijnen, die Flügelzange Zehnder sowie Lukas Zerbe, und Jan Brosch begann am Kreis.
Defensiv komplettierten Frederik Simak und TBV-Neuzugang Nicolai Theilinger im Spezialistenwechsel
die Lemgoer 6:0-Deckung. Leos Petrovsky wechselte sich sowohl vorne als auch hinten mit Brosch ab.


Zum Spielverlauf: Kehrmann hatte eine „körperlich sehr intensives Spiel“ prognostiziert – und genau das
bekamen die Zuschauer von Beginn an geboten. Die frühe Überzahl – Erlangens Nikolai Link hatte
Hutecek unsanft zu Fall gebracht – nutzte Versteijnen zum ersten Heimtreffer in der neuen Saison. Auch
Kastelic war gleich auf dem Posten: Nachdem er bereits Olssons ersten Torabschluss entschärft hatte,
blieb er auch beim Stand von 2:2 Sieger im Duell gegen den heranrauschenden Nico Büdel, dem sich
nach einem Versteijnen-Fehlpass die Chance zur ersten Erlanger Führung bot. Doch aufgeschoben ist
nicht aufgehoben: Gegen das aggressive Vorpreschen der Gäste, die den Lippern gerade im Innenblock
mit Link und Sebastian Firnhaber eine Menge abverlangten, benötigte der TBV aus den Positionsangriffen heraus etwas Zeit, um sich erfolgsversprechende Wurfsituationen zu erarbeiten. Weil Lemgo von Beginn an vor allem defensiv gut dagegenhielt, war die Anfangsphase ausgeglichen.

Als einlaufender Kreisläufer verschaffte Zerbe dem TBV zwar etwas Luft (8:6,14.), doch der Offensivmotor stockte zusehends. Obwohl Kastelic sehenswert einen Gegenstoß von Firnhaber parierte, gingen einige Lemgoer Ungenauigkeiten dem Doppelschlag von Christopher Bissel zum 9:11 (20.) voraus. In der Auszeit krempelten die Lipper wieder die Ärmel hoch, packten in der Deckung zu und erzwangen einen weiteren Strafwurf, mit dem Zehnder die Partie zunächst wieder pari stellte (11:11, 24.). Lemgo war wieder im Flow: Nach einem Ballgewinn von Brosch schickte dieser Zerbe auf die Reise, der zur 14:12-Führung traf. Trotz einer Zeitstrafe gegen Theilinger ging der TBV mit einer Zwei-Tore-Führung in die Pause: Zuvor hatte Versteijnen mit einem beherzten Wurf über den Block von Ex-Lemgoer Gedeón Guardiola hinweg erstmals auf plus drei stellen können (16:13).


Nach der Pause gelang zunächst ein Start nach Maß: Angeführt von zwei Kastelic-Paraden markierte
Brosch mit seinem Treffer zum 18:14 die höchste Führung nach 35 Minuten. Doch das Team von Harmut
Mayerhoffer ließ nicht locker und wurde Nutznießer schwindender Kräfte auf Seiten der Hausherren.
Nachdem die Führung auf 21:20 dahingeschmolzen war, markierte Erlangens Siebenmeterschütze
Christoph Steinert vom Punkt den 21:21-Ausgleich. Längst war deutlich mehr Feuer unterm Dach.
Während die Lipper mit der ein oder anderen Entscheidung der Referees haderten, eilte Erlangen mit
21:23 davon. Zwischenzeitlich kam der 18-jährige Frederik Puls vom Team HandbALL zu seinem
Bundesligadebüt.


Mit dem berüchtigten Wechsel ins 7:6 errang Lemgo neuen Mut: Zehnder traf aus dem Spiel und vom
Punkt, ehe Hutecek als stetiger Antreiber und Unruheherd zur erneuten Lemgoer Führung schmetterte
(25:24). Spätestens jetzt wurden die Zuschauer Zeuge eines richtigen Handball-Krimis: Obwohl der TBV
in dieser Phase nicht perfekt Angriff spielte, gelangen auf der Gegenseite extrem wichtige Ballgewinne.
Vor allem Simak überzeugte als Turm in der Schlacht, setzte in Minute 56 auch vorne mit seinem Tor
zum 27:25 einen entscheidenden Akzent, ehe er nach dem erneuten Ausgleich den entscheidenden
Siebenmeter von Zehnder herausholte – und schließlich in den Lemgoer Jubelarien unterging.


Die Stimme zum Spiel von Florian Kehrmann: „Wir haben heute eine unglaubliche Willensleistung gezeigt. Wir mussten auf ein paar wichtige Spieler verzichten. Aber wenn einzelne Spieler über sich hinauswachsen, das Publikum mitkommt und man insgesamt sehr leidenschaftlich Abwehr spielt, dann kann man die Punkte trotz dieser Vorzeichen zu Hause behalten – auch wenn vermutlich viele vorher nicht daran geglaubt haben. Der Glaube an den Sieg ist im Laufe des Spiels immer mehr gewachsen. Hinten raus war es ein Spiel, das sehr viel Leidenschaft gezeigt hat. Letztendlich hatten wir dann den entscheidenden Punch am Ende. Verdient ist es bei einem Sieg mit einem Tor Unterschied nie, aber meine Mannschaft hat sich heute diese beiden Punkte verdient. Ich bin mega stolz auf die Jungs und auch auf das Publikum. Denn es ist das passiert, was man sich als Trainer wünscht: Der Funke ist übergesprungen und das hat auch den Ausschlag dafür gegeben, dass wir Erlangen heute schlagen konnten.“


TBV: Zecher, Kastelic (17/1 Paraden); Hutecek (3), Theilinger, Zehnder (11/9), Brosch (4), Simak (1),
Tomashevskyi, Carstensen, Zerbe (3), Versteijnen (5), Houtepen (1), Puls, Petrovsky


HC Erlangen: Obling (6 Paraden), Ferlin (4 Paraden); Lonborg, Bialowas (2), Mävers (2), Firnhaber (3),
Büdel (3), Bissel (6), Metzner (1), Svensson, Guardiola, Link, Jeppsson, Steinert (4/1), Olsson (1),
Zechel (1)

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