Lemgo/Lippe. Der Kreis Lippe hat auf dem Klinikgelände in Lemgo eine „insektenfreundliche Oase“ geschaffen. Ein gefördertes Projekt ermöglichte es, Flächen im Sinne des Arten- und Umweltschutz umzuwandeln. Der Projekttitel „Gesundes Grün- Der Klinikgarten der Zukunft“ hatte im Bundeswettbewerb „Naturstadt – Kommunen schaffen Vielfalt“ überzeugt. Eine Jury prämierte Ideen, die biologische Vielfalt steigern und mehr insektenfördernde Natur in die Städte holen. Sie würdigten die 2021 entworfenen Planungen von Studierenden der TH OWL. So konnte auch dank 25.000 Euro Preisgeld das Vorhaben 2022 in die Umsetzung starten. Mit diesem Geld konnten zwar längst nicht alle anspruchsvollen bis teils sehr ambitionierten Ideen umgesetzt werden, trotz des klimatisch schwierigen Sommers, sind jetzt viele Maßnahmen erfolgreich realisiert.
Rund 9.000 Quadratmeter (m²) Blühflächen mit heimischen Wildblumen sind im Park auf 15 Teilflächen angelegt. Sie ersetzen artenarmen Kurzrasen, über den häufig der Rasenmäher kreiste. Eine der auffälligsten Flächen liegt hinter dem Hauptgebäude am Hubschrauberlandeplatz: Sie ist trotz der Dürre in ein Meer aus blauen, roten und weißen Blüten verwandelt. Aber auch viele kleinere Flächen im alten Park mit Baumbestand, an der Kreissenioreneinrichtung oder hinter der Krankenpflegeschule sind ganz ohne jede Bewässerung gut gediehen. Dort spenden die Samen der Blumen auch im verblühten Zustand bis ins kommende Frühjahr viel Futter für Singvögel wie den Distelfinken, der die Tierwelt hier rasch bereicherte. Vor allem Insekten profitieren von den pollenreichen Blühpflanzen – neben verschiedenen Wildbienen können auch seltene Schmetterlinge wie Bläulinge regelmäßig beobachtet werden. Um deren Überwinterungsformen zu schützen und auch in den kommenden Jahren eine steigende Population zu haben, ist es nun wichtig, die trockenen Halme über den Winter zu erhalten. Landrat Dr. Axel Lehmann lobt das Projekt: „Für mich ist der Artenschutz ebenso wichtig, wie der Klimaschutz. Daher ist dieses Projekt eine tolle Maßnahme, die der biologischen Vielfalt Lippes zugutekommt. Die Kreisverwaltung legt mit ihrer Biodiversitätsstrategie „Lippes lebendige Vielfalt‘ schon seit einigen Jahren einen Fokus auf den Erhalt der Arten. Ich freue mich deshalb besonders über die gute Zusammenarbeit mit dem Klinikum Lippe und bedanke mich dafür, dass das Klinikum uns den Platz für die Oase zur Verfügung gestellt hat“ sagt er.
„Mundraub“ ausdrücklich erlaubt
„Das Bild des Parks hat sich an vielen Stellen geändert, sein riesiges ökologisches Potential wird jetzt gehoben und für diesen über den angespannten Krankenhausetat nur äußerst effizient mit begrenztem Personal zu unterhaltenem ‚Kostenfaktor Park‘ der Spagat von Pflege und Wildnis beispielhaft umgesetzt“, erläutert Projektleiter Jürgen Braunsdorf das Umfeld seiner zweijährigen Umsetzung des Projektes, welches die Jury im bundesweiten Kontext mit der Prämierung unterstützt. Besonders freut den Projektleiter aus der Kreisverwaltung dabei die positive Resonanz und damit ganz persönliche Effekte für die Menschen, die diesen Park aufsuchen: die Krankenschwestern, die hier ihre Mittagspause buchstäblich zum Durchatmen verbringen. Sie genießen wilde Himbeeren ebenso wie Patienten, die im Park sicher heilungsfördernde Abwechslung finden. Viele Kinder von der nahen Kita „Maulwurfshügel“ können eine Natur kennenlernen, die es scheinbar bislang gar nicht mehr gab. So berichteten die Mitarbeiterinnen der Kita, das sie auf ihrem Gelände Löwenzahn gesucht hätten – aber es gab keinen. Denn auch dort dominierte bislang nur kurzgemähter Rasen, der natürlich primär als Spielflächen dient. Jetzt machen sie mit bei der Parkgestaltung, ernten Samen aus trockenen Blüten für die heimischen Gärten und helfen beim Setzen von allein 2.500 Krokuszwiebeln, die den Park schon früh im nächsten Jahr erneut erblühen lassen sollen.
Weitere Stationen im Park sind in einem bei den Infotafeln ausgelegten Flyer erläutert. So sind ein Amphibiengewässer oder „unterirdische Wildbienenhotels“ zu finden und auf einer derzeit reichen Genuss bietende Streuobstwiese ist „Mundraub“ ausdrücklich erlaubt. Auch die große, jetzt etwas trocken wirkende Blühwiese hinter dem Hauptgebäude am Hubschrauberlandeplatz besuchen derzeit viele wunderschöne Distelfinken – sie picken hier bis zum Frühjahr an den Samenständen – ganz ohne „Vogelhaus“.