Interview mit Tennisprofi Arthur Rinderknech (TuS Sennelanger)

In jungen Jahren machte Tennis keinen Sinn: „War zu schwach und war zu teuer“

Mit der Tennis-Bundesliga-Mannschaft des Team Hämmerling TuS Sennelager glaubt Arthur Rinderknech an den Klassenerhalt in der höchsten nationalen Liga. © Agentur Klick

Nach dem Studium in Texas neue Ziele • Trainer gewechselt und nach Rennes gezogen

Aktuelle Bilanz des 24-jährigen Franzosen: Weltweit erfolgreichster ATP-Challenger-Profi

Rennes/Paderborn. Vor einigen Jahr war der Franzose Arthur Rinderknech einer von vielen im Niemandsland des Tenniszirkus, denn mit wenigen Turniererfolgen auf der ITF-Future-Tour erreicht man keine Aufmerksamkeit. Der Grund ist darin begründet, dass – stammt aus dem 2.500 Einwohner zählenden Dörfchen Gassin an der Côte d’Azur, welches zum schönsten Dorf Frankreichs erklärt wurde – er derweil in Texas an der A & M University studierte. Inzwischen hat er den Uni-Abschluss als >Bachelor of Business< in der Tasche und hat sich nun seit Beginn des Jahres ganz dem Profitennis verschrieben.

So ist er von Paris nach Rennes gezogen, hat mit dem neuen Coach Sebastien Vilette dort seinen Trainingsstandort, und führt fortan das Leben eines Tennisprofis. Mit Erfolg, wie man weiß. Die drei ATP-Challenger-Triumphe (zwei Einzel, ein Doppel) und eine weitere Finalteilnahme in den diesen ersten zwei Monaten haben ihn mit seiner Spielbilanz von 16:4 zum weltweit erfolgreichste Profi des Jahres 2020 auf der ATP Challenger Tour avancieren lassen. Titelgewinne in Calgary und Rennes, Finalteilnahme in Drummondville, wo er auch im Doppel mit seinem Freund und Teamkollegen Manuel Guinard siegreich war. Von daher auch keine Überraschung, dass er sich auf der ATP-Weltrangliste auf Platz 161 der Tenniswelt vorkatapultiert hat.

In diesem Jahr bestreitet er seine zweite Saison für das Team Hämmerling TuS Sennelager und vom erneuten Ziel des Klassenerhalts in der 1. Tennis-Point Bundesliga ist er überzeugt. Er glaubt sogar, dass sportlich mit der Mannschaft noch mehr drin ist. Darüber und über seine sportliche Entwicklung bzw. Ziele hat sich der 24-jährige Franzose Arthur Rinderknech gegenüber dem VDS-Sportjournalist Frank Hofen (Pressestelle Team Hämmerling TuS Sennelager) in einem Interview geäußert.

? Herr Rinderknech, Glückwunsch. Sie sind aktuell der erfolgreichste Tennisprofi der ATP-Challenger-Tour. Wie überrascht sind Sie von dieser Entwicklung.

Arthur Rinderknech: Es ist auch für mich eine große Überraschung. Aber ich habe mit meinem neuen Coach sehr hart gearbeitet. Dass ich aber nach so kurzer Zeit schon so erfolgreich spiele, verwundert mich ebenfalls.

? Gibt es eine schlüssige Erklärung dafür.

Arthur Rinderknech: Ich bin im Januar zu Sebastian Vilette, meinem neuen Coach, gewechselt. Wir haben nicht viel verändert, aber scheinbar hat er an den richtigen Schrauben gedreht. Ich spiele nun während der Matches meine Stärken wesentlich besser aus und treffe daher im Moment auch auf dem Platz die richtigen Entscheidungen.

? Was haben Sie anders gemacht als sonst. Mehr trainiert. Bessere Fitness. Leben Sie sportlicher. Wieso diese Leistungsexplosion.

Arthur Rinderknech: Wie gesagt, viel geändert habe ich eigentlich nicht. Auch nichts Besonderes. Aber zwei, drei kleine Veränderungen in meinem Spiel machen auf diesem Niveau eine ganze Menge aus.

? Was war für Sie in den vergangenen Wochen der emotionalste Moment.

Arthur Rinderknech: Sicherlich der Turniersieg in meiner neuen Heimat in Rennes, denn dort bin ich von Paris aus hin gezogen. Vor unglaublichen 3.500 Zuschauern im Finale zu gewinnen, die mich zu jeder Zeit gepusht haben, hat mir viel bedeutet. Es war für mich daher ein perfektes Turnier. Vielleicht ist es von der Stimmung her sogar das beste Challenger-Turnier der Welt.

?…und der sportlichste Moment.

Arthur Rinderknech: Natürlich in Rennes der Turniersieg, aber auch der Doppeltriumph mit meinem Freund Manuel Guinard in Drummondville in Kanada. Ich war nach meiner dortigen Finalniederlage körperlich am Ende, aber Manuel hat mich immer wieder gepusht und unterstützt, sodass ich ihn nicht hängen lassen durfte. Am Ende gewannen wir zusammen das Turnier mit 7:6 7:6. Einfach unglaublich.

? Vor zwei Jahren waren sie die Nummer 1065 der ATP-Weltrangliste, heute sind sie die Nummer 161. Kann man so etwas erträumen.

Arthur Rinderknech: Ich stand auch deshalb nur auf 1065, weil für mich damals der Schwerpunkt mein Studium an der Texas A & M University war. Zu der Zeit lebte ich auch dort. Heute glaube ich, dass ich mich spielerisch in den nächsten Monaten noch weiter verbessern kann, denn mein sportliches Ende soll noch nicht erreicht sein.

? Sie haben erst in Texas studiert und sich danach dem Profitennis zugewandt. Warum ein solcher Karriereweg.

Arthur Rinderknech: Weil ich damals einfach noch zu jung und vom Kopf her nicht bereit für Tennis war. Ich hatte noch nicht das Niveau für die Profitour und war einfach zu schwach. Zudem ist die Profitour sehr sehr teuer. Von daher machte es keinen Sinn für mich, denn es wäre nur reines Geldverbrennen gewesen. Erst zu studieren war die richtige Entscheidung, wobei ich aber auch am College mein Spiel deutlich verbessern konnte.

? Sie waren nicht bereit für nur Tennis. Warum nicht.

Arthur Rinderknech: Ich ging in eine normale Schule und hatte nicht die Zeit für bis zu fünf Stunden am Tag zu trainieren. Höchsten mal zwei Stunden. Außerdem war ich körperlich zu schwach. Ich bin schnell gewachsen und wog einfach zu wenig. Mit 18 Jahren war ich in Frankreich nur die Nummer sechs in meiner Altersklasse.

? Wer gab Ihnen den Impuls erst zu studieren.

Arthur Rinderknech: Das habe ich selber entschieden, denn mein Spielniveau war einfach zu schwach. Mein Kopf sagte mir, erst ein Studium.

? Gehörten Sie als Jugendlicher einem Förderprogramm an.

Arthur Rinderknech: Der französische Tennisverband half mir etwas beim Training. Finanziell aber nicht, was auch verständlich war. Ich gehörte nie zu den Top drei meines Jahrgangs.

? Was hat Ihnen, außer dem Bachelor-Abschluss, das Studium gebracht.

Arthur Rinderknech: Ich bin wesentlich entspannter, denn Tennis ist nicht alles für mich. Mein Leben basiert von daher auch nicht nur um den Sport mit der gelben Filzkugel. Sollte es zu mehr aber nicht reichen, dann kann ich jeder Zeit sagen, danke es war eine schöne Zeit. Ich gehe jetzt als Bachelor of Business in die Arbeitswelt und höre mit dem Profitennis auf.

? Können Sie jungen Tennisspielern einen solchen Weg empfehlen.

Arthur Rinderknech: Das kann ich jedem nur empfehlen. Es sei denn, er steht unter den Top 10 der ITF-Juniorenweltrangliste. Wichtig ist natürlich eine College mit einem guten Trainer, der dich unterstützt und sportlich entwickeln kann. Der Übergang vom Junior zum Erwachsenen ist einfach riesig auf der Tour.

? Ihr Kapitel Texas ist abgeschlossen. Wie sehen heute ihre weiteren Pläne aus.

Arthur Rinderknech: Ich will mich weiter verbessern und schauen wie weit ich noch nach vorne kommen kann. Zumal ich nun in Rennes meinen festen Standort habe, wo ich regelmäßig trainieren kann.

? Sie sind erst 24 Jahre. Beginnt jetzt Ihre Profikarriere als Tennisspieler.

Arthur Rinderknech: Das stimmt, jetzt geht’s eigentlich erst richtig los.

? Mit ihrem ATP-Ranking 161 können Sie auch große ATP Tour Events spielen. Ist Ihr Ziel jetzt das Dabeisein bei Grand-Slam-Turnieren.

Arthur Rinderknech: Mein Ziel ist es natürlich die größeren Events zu spielen. Im Moment reicht es bei diesen großen Major-Turnieren aber nur für die Qualifikation. Ein paar Plätze muss ich mich noch verbessern.

? In Frankreich gehören Sie aktuell zu den besten 15 Profis des Landes. Wurde das irgendwie in ihrem Land wahrgenommen. Oder beim französischen Tennisverband.

Arthur Rinderknech: Ich hatte schon ein paar Presseartikel in einigen Tennismagazinen in Frankreich. Durch meinen Club Team Hämmerling sogar welche in Deutschland, was für mich natürlich super ist. Ein positives Feedback vom Verband gab es auch, er hat mir gratuliert.

? Gibt es den Wunsch, einmal ins Davis-Cup-Team berufen zu werden.

Arthur Rinderknech: Na klar, das wäre ein Traum. Aber in Frankreich gibt es so viele gute Spieler. Um dahin zu kommen, muss ich einfach noch besser werden um überhaupt eine realistische Chance zu haben.

? Seit zwei Jahren spielen sie im Team Hämmerling für den TuS Sennelager. Im vergangenen Jahr erstmals in der 1. Tennis-Bundesliga. Haben Sie an den Klassenerhalt geglaubt.

Arthur Rinderknech: Sennelager ist eine tolle Mannschaft und Paderborn eine schöne Stadt. Ich hatte schon zu meiner Zeit beim Suchsdorfer SV gemerkt, dass Sennelager über eine großartige Stimmung innerhalb der Mannschaft verfügt. So wurde ich letztes Jahr auch sofort willkommen geheißen. Unser Teamgeist war ausschlaggebend und ich hoffe, es bleibt auch in diesem Jahr so. Möglicherweise können wir uns sogar noch sportlich verbessern, wobei der ständige Austausch mit den Verantwortlichen zweifelsohne ein wichtiger Aspekt für die Mannschaft ist.

? Ist ein Bundesliga-Team mit dem Collegesport in den USA gleichzusetzen.

Arthur Rinderknech: Ja, da gibt es viele Gemeinsamkeiten. Es ist immer toll dort vor vielen Zuschauern zu spielen. Gerade unsere Heimspiele haben mich fasziniert, vor allem mit dem fairen Publikum. In Amerika sind die Zuschauer daher auch immer noch etwas verrückter, weil es ja auch >ihr< College ist.

? In dieser Saison sind Sie ein Aushängeschild der Mannschaft. Pusht Sie das, sozusagen als Leader dabei zu sein.

Arthur Rinderknech: Ich weiß nicht ob ich einer der Anführer bin. Es war immer unsere Stärke, dass wir eigentlich keinen Star hatten. Alle spielten mit Freude und unterstützten sich gegenseitig. Somit steht der Spaß und die Gemeinsamkeit zu gewinnen im Vordergrund. Stress oder Druck, haben wir uns nicht aufgebaut und er wurde auch nicht von den Verantwortlichen vorgegeben. Das war sicher unser Schlüssel zum Erfolg.

? Wir gehen einmal davon aus, dass der Klassenerhalt geschafft wird. Gibt es weitere sportliche Ziele in 2020 für Sie.

Arthur Rinderknech: Eines meiner Ziele ist neben dem Klassenerhalt für mich, die tolle Bundesliga-Stimmung für die zweite Turnierhälfte des Jahres mitzunehmen. Damit hoffe ich, auch weiterhin erfolgreich Tennis spielen zu können.

?…und wo möchten Sie im ATP-Ranking am Ende des Jahres stehen. Unter den Top 100. Oder sogar Top 50.

Arthur Rinderknech: Da will ich mir keinen Druck machen. Ich möchte mich einfach nur weiter entwickeln. Die Ergebnisse kommen dann von selbst und somit auch die Verbesserung auf der Weltrangliste.

Wir wünschen weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf ihr Dabeisein im Juli bei der Tennis-Bundesliga in Paderborn.

Arthur Rinderknech: Vielen Dank.

Bildzeile: Der Turniertitel im französischen Rennes war für Arthur Rinderknech der bisher emotionalsten Moment seiner Karriere…© Turnier Rennes

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