„Juhubiläum“ – Freilichtmuseum feiert 50 Jahre Eröffnung

Freuen sich auf das Juhubiläum (v. l.): LWL-Direktor Matthias Löb, Ausstellungskuratorin Ruth Lakenbrink und LWL-Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen. Foto: LWL/Jähne

Detmold. Runde Geburtstage sind immer etwas Besonderes. Vor 50 Jahren hat das LWL-Freilichtmuseum in Detmold (Kreis Lippe) zum ersten Mal seine Tore geöffnet. Nun feiert das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die ganze Saison mit der größten Geländeausstellung in der Museumsgeschichte und zahlreichen Programmen „Juhubiläum“, auch wenn aufgrund der aktuellen Corona-Situation noch nicht klar ist, wann das Museum in das Themenjahr starten kann.
„Am 7. Juli 1971 eröffnet, ist das Museum heute das größte Freilichtmuseum Deutschlands und eines der bedeutendsten in Europa. Die 10,6 Millionen Besucher:innen, die in den vergangenen 50 Jahren ins LWL-Freilichtmuseum Detmold gekommen sind, sind der beste Beweis dafür, dass hier erstklassige Museumsarbeit geleistet wird“, sagte LWL-Direktor Matthias Löb.
„Der Besucher und die Besucherin kann hier seit 50 Jahren durch ein spannendes, reich bebildertes Geschichtsbuch spazieren gehen. Es dreht sich darin aber nicht um Feldherrn oder Königinnen wie sonst in Geschichtsbüchern, sondern um Bauern und Bürgerinnen aus westfälischen und lippischen Dörfern – um ihre Höfe, um ihre Häuser und ihre Tiere, kurz: um ihren Alltag auf dem Land in den vergangenen fünf Jahrhunderten.“
Waren es am Anfang 24 Gebäude, so sind im Laufe der Zeit fast 100 hinzugekommen. Doch nicht nur die historischen Gebäude gehören zu der Museumspräsentation, ebenso wichtig ist das Gelände. Und das musste erst einmal gefunden werden: Warendorf und Soest, der Kreis Coesfeld, Dalheim und Detmold waren zur Gründungszeit des Museums als Standorte im Gespräch.
Schließlich fiel die Entscheidung der LWL-Poltiker:innen zugunsten des Detmolder Tiergartengeländes der ehemaligen Fürsten zur Lippe. „Die ersten Jahre in Detmold kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Der Museumsalltag sah ganz anders aus. Es gab weder Dienstfahrzeuge noch Telefonanschluss. So war der Beginn von Anfangsschwierigkeiten und durch viele Provisorien geprägt. Das Verwaltungsgebäude war für den Gründungsdirektor Josef Schepers und einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Wohnung“, berichtet Löb.
Im Laufe der Jahre hat das Museumsteam die Kulturlandschaft, wie sie heute zu sehen ist, geformt, 21 Gärten angelegt, für die Region Westfalen typische Obstorten erforscht und wieder angebaut, ebenso wie zahlreiche schon fast vergessene Pflanzen. Und auch seltene und vom Aussterben bedrohte Haustierrassen werden im LWL-Museum gezüchtet und gezeigt. „Hier werden nicht nur Objekte präsentiert, das Museum wird in allen Bereichen gelebt, diese Authentizität macht diesen Ort und seinen besonderen Reiz für die zahlreichen Besucherinnen und Besucher aus“, so Löb.
Seit 2008 steht jede Saison unter einem anderen gesellschaftlich relevanten Thema, das historische Aspekte der Alltagskultur bis in die Gegenwart führt. „Voraussichtlich im Herbst beginnt der Bau des neuen Eingangs- und Ausstellungsgebäudes. Dieses dreiteilige Gebäude bietet dem Freilichtmuseum ganz neue Möglichkeiten, denn in den modernen, klimatisierten Räumen können wir erstmals große Sonderausstellungen und besondere Depotschätze präsentieren. Damit wird das Museum noch einmal einen enormen Wandel erfahren“, ist sich Löb sicher.

Der Osnabrücker Hof war das erste Aufbauprojekt des 1960 gegründeten und 1971 eröffneten Museums. Das Foto stammt aus dem Jahr 1966.
Foto: LWL

Ausstellung mit 50 Geländestationen

Zum Jubiläum zeigt das LWL-Freilichtmuseum Detmold die bisher größte temporäre Geländeausstellung seiner Geschichte. „Eine bewusste Entscheidung, denn so können wir die Ausstellung in Zeiten von Corona vielen Menschen zugänglich machen. Das wäre nur in den Häusern in der Form nicht möglich gewesen“, so LWL-Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen. An 50 Stationen, passend zum runden Geburtstag, erleben die Besucher:innen nicht nur, welche Entwicklung das LWL-Museum in den vergangenen 50 Jahren genommen hat, sondern lernen auch viele Details kennen, die sich bei einem Besuch normalerweise nicht gleich erschließen. Ob der Blick ins Magazin oder der Transport der Häuser ins Museum, der Obstbaumschnitt, die Handaufzucht der Lämmer oder Hintergrundinformationen zu den Pferdewagen: die Stationen beantworten sowohl häufig gestellte Fragen und präsentieren Neues und sonst Verborgenes. „Uns war es wichtig, sowohl das sonst eher geheime Museumswissen mit unseren Gästen zu teilen als auch einige der Menschen vorzustellen, die jeden Tag ihr Herzblut in ihre Arbeit stecken und das Museum zu diesem besonderen Ort machen“, erklärt Ruth Lakenbrink vom LWL-Museum, die gemeinsam mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Janina Wulf die Ausstellung konzipiert hat.
Lakenbrink: „Ob wir selbst oder unsere Gäste: Jede und jeder hat einen Lieblingsort, ein Lieblingstier, eigene Geschichten oder Erinnerungen. All das wollten wir zeigen, indem wir die Vielfalt der Museumsarbeit, der Kompetenzen und Aufgaben sowie die Fülle unserer Themen mit interessanten und auch witzigen Informationen aufgearbeitet haben.“ Auf drei thematische Routen führt die Ausstellung durch das Museumsgelände. Eine Route zeigt die Stars der Sammlung und gibt Einblicke in die Museumsarbeit, eine zweite stellt die historische Kulturlandschaft, die Tiere und Gärten in den Mittelpunkt und die dritte richtet den Blick auf das Museumsteam und die Kulturvermittlung. Und auch eine eigene Kinderroute wird es voraussichtlich ab Mai geben.

Begleitprogramm und Saisonhöhepunkte

Die größte temporäre Geländeausstellung in der Museumsgeschichte gibt es zum Juhubiläum zu sehen: An den 50 Geländestationen blickt das Museum unter anderem zurück auf seine eigene Geschichte.
Foto: LWL/Klein

Eine der Stationen führt zum Haus Stöcker, dem jüngsten Aufbauprojekt des Museums, das Ende Juli eröffnet wird. Es stammt aus Burgholdinghausen im Kreis Siegen-Wittgenstein und zeigt das Wohnen der 1950er und 1960er Jahre. „Ich freue mich sehr, dass wir mit diesem Gebäude ab Ende Juli auch die Widersprüchlichkeit jener Zeit verdeutlichen können, als man zwar noch mit den Tieren unter einem Dach lebte, aber bereits die Nachbarn zum gemeinsamen Fernsehschauen einlud“, so Carstensen.
Ein weiterer Höhepunkt wird in diesem Jahr der bunte „Juhubiläumstag“ am 7. Juli, dem eigent-lichen Museumsgeburtstag, sein. „Sofern es die Corona-Lage dann zulässt, feiern wir bei freiem Eintritt eine Geburtstagsparty mit vielen Mitmachangeboten“, so Lakenbrink. Fleißig gewerkelt wird derzeit an einem neuen Angebot im Museumsgelände: einem Indoor-Spielplatz für Kin-der, der gerade in der ehemaligen Ausstellungsscheune Westendorf entsteht. „Das neue Eingangs- und Ausstellungsgebäude ermöglicht es uns, in der Scheune etwas Neues anzubieten. Hier wollen wir einem der häufigsten geäußerten Besucherwünsche nachkommen und eine Spielmöglichkeit unter Dach schaffen“, erklärt Carstensen. Die Eröffnung ist für den Spätsommer geplant.
Auch das Jahresprogramm ist auf den Geburtstag abgestimmt: Unter dem Titel „Herzlichen Glückwunsch!“ finden beispielsweise monatliche Führungen zur Museumsgeschichte statt. Und die beiden großen Veranstaltungen „Freilichtgenuss“ am 4. und 5. September sowie der Museumsadvent vom 3. bis 5. Dezember stehen ebenfalls auf dem Programm, sofern es die aktuelle Corona-Situation im Land dann zulässt.
Zudem hat das LWL-Freilichtmuseum sein digitales Angebot erweitert. „Neben einem Eröffnungsfilm auf YouTube und unserer Internetseite haben wir im Rahmen der App Actionbound eine Tour konzipiert, bei der man sein Wissen zum Museum testen kann, wie eine Art digitale Schnitzeljagd auf dem eigenen Mobiltelefon“, so Lakenbrink. „Außerdem werden wir im Laufe der Saison 50 Höhepunkte aus unserer Sammlung im Internet präsentieren und hoffen, dass unsere Museumsgäste ihre schönsten Erinnerungen und Fotos in den Sozialen Medien oder per E-Mail mit uns teilen.“ Die Mailadresse ist juhu.bilaeum@lwl.org.
Weitere Informationen zum Themenjahr und zum Programm gibt es im Internet unter freilichtmuseum

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