NRW-Innenminister Reul verabschiedet ehemalige Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl in den Ruhestand –
Detmold. Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl ist am Montag, 2. Dezember, nach 14 Jahren im Amt durch Herbert Reul, Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, im Beisein von etwa 300 Gästen in Detmold in den Ruhestand verabschiedet worden. Als neue Regierungspräsidentin für den Regierungsbezirk Detmold führte der NRW-Innenminister Judith Pirscher in das Amt ein. Pirscher war zuvor Landesrätin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe und Geschäftsführerin der Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe.
Innenminister Herbert Reul: „Mit Judith Pirscher bekommt der Regierungsbezirk Detmold nun eine neue Präsidentin, die bereits über große Erfahrung in Politik und Verwaltung verfügt. Eine Frau, die mit Fleiß, Intelligenz, mit Herzlichkeit, einer offenen Art und Teamgeist ganz sicher viel in Ostwestfalen-Lippe bewegen wird. Sie bringt die besten Voraussetzungen mit, um als Regierungspräsidentin kräftig durchstarten zu können. Ich wünsche ihr dabei Fortune und viel Erfolg.“
Der Innenminister würdigte das Wirken der scheidenden Regierungspräsidentin: „Marianne Thomann-Stahl hat in 14 Jahren als Regierungspräsidentin den Regierungsbezirk geprägt. Durch unermüdlichen Einsatz hat sie die Region nach vorne gebracht, die Digitalisierung vorangetrieben, Schulen modernisiert, die Infrastruktur verbessert. Und nicht zuletzt hat sie durch ihr persönliches Engagement auch gegen Widerstände Krisen gemeistert. Die Menschen in Ostwestfalen-Lippe verdanken ihr viel.“
Auch der Sprecher der ostwestfälisch-lippischen Landräte und Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der OWL GmbH, Landrat Manfred Müller, dankte Marianne Thomann-Stahl: „Die Region ist in ihrer Amtszeit weiter zusammengewachsen, hat die Kräfte gebündelt. Marianne Thomann-Stahl sorgte dafür, dass Gelder für Umwelt- und Naturschutz, für die regionale Entwicklung nach OWL flossen. Die Modellregion Digitalisierung, ein starkes, lebens- und liebenswertes OWL mit zu gestalten, waren genau ihr Ding“.
Hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung, aus Hochschulen, Kirchen, Kammern, Verbänden sowie Militär waren beim Festakt zu Gast. Unter ihnen waren Minister, Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Gerichts- und Hochschulpräsidenten, die Hausspitzen der NRW-Regierungspräsidien und zahlreiche Landräte und Bürgermeister.
Judith Pirscher stellte sich ihnen nach ihrer Ernennung zur neuen Regierungspräsidentin vor: Jetzt gelte es, die gute Arbeit ihrer Vorgängerin fortzuführen und sich mit ebenso großer Energie für die Region einzusetzen, sagte sie. „Die fortschreitende Digitalisierung und der Regionalplan 2035 als ‚Karte der Möglichkeiten‘ – das werden sicher die ersten Arbeitsschwerpunkte sein“, so Pirscher. Es sei wichtig, die Lebensqualität der Menschen in Ostwestfalen-Lippe weiter zu verbessern. „Wir werden Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft weiter stärken, so dass die Menschen hier gerne leben – und die Attraktivität der Region national und international noch sichtbarer wird.“
Die scheidende Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl blickte abschließend auf ihre Amtszeit zurück und bedankte sich herzlich bei ihren langjährigen Gesprächspartnern in Verwaltungen und Wirtschaft, dem Regionalrat sowie den Landesregierungen für die gute Zusammenarbeit. „Sie alle haben mich in meiner Amtsführung immer unterstützt“, sagte Thomann-Stahl. Die Bezirksregierung Detmold werde auch in Zukunft eine wichtige und geschätzte Partnerin in der Region sein. Thomann-Stahl: „Dafür steht meine Nachfolgerin, Judith Pirscher.“
Rückblick auf die Amtszeit Marianne Thomann-Stahls
Marianne Thomann-Stahl hatte das Amt der Regierungspräsidentin am 23. Juli 2005 übernommen. Von Beginn an setzte sie eine umfassende Modernisierung der Bezirksregierung in Gang und trieb diese ihre gesamte Amtszeit über voran. Die Bezirksregierung als kundenorientierte Dienstleisterin für die Region – unter diesem Motto entwickelte Marianne Thomann-Stahl die Behörde zu einer gefragten Institution für Verantwortliche in Kreisen, Kommunen, Unternehmen, Hochschulen und Politik.
Die Leitfrage der Regierungspräsidentin Thomann-Stahl war stets „Wie lassen sich Dinge ermöglichen?“. Die Antworten darauf entwickelte sie in enger Abstimmung mit den jeweiligen Projektpartnern. Denn: Die Zusammenarbeit über kommunale und institutionelle Grenzen hinweg ist aus ihrer Sicht der wesentliche Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung der Region. Das Ziel war dabei klar definiert: Ostwestfalen-Lippe fit zu machen für den nationalen und internationalen Wettbewerb.
Aus dieser intensiven regionalen Kooperation entstanden zahlreiche Initiativen und Projekte. Jüngstes Beispiel ist die erfolgreiche Bewerbung Ostwestfalen-Lippes um das Strukturentwicklungsprogramm REGIONALE 2022. Als weiteres Projekt fällt die Gründung des Exzellenzclusters „it’s OWL“ in die Amtszeit Marianne Thomann-Stahls. Entscheidend von der Regierungspräsidentin mitgeprägt, erkannte die Initiative schon im Jahr 2012 die Chancen, die sich durch Künstliche Intelligenz in Produktionsverfahren ergeben. Heute arbeiten mehr als 200 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen an diesem und weiteren Themenschwerpunkten. „it’s OWL“ zählt zu einer der größten Initiativen für „Industrie 4.0“ im Mittelstand. Von 2018 bis 2023 sollen landesgeförderte Projekte im Umfang von 100 Millionen Euro umgesetzt werden.
Auch in der Entwicklung der Infrastruktur – der Lebensadern der heimischen Wirtschaft – gab es in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte. Allein in den Straßenbau im Regierungsbezirk sind seit 2006 etwa 850 Millionen Euro geflossen. Über 50 Jahre Planung endeten im Dezember 2018 und 2019 mit dem Durchtrennen der symbolischen Absperrbänder der Autobahnabschnitte der A 30 und A 33. Die großen Lücken im heimischen Autobahnnetz sind geschlossen.
Doch Infrastrukturentwicklung umfasst heute mehr als Straßen und Radwege. Die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts ist auch digital. Unter dieser Überschrift stand ein weiterer Arbeitsschwerpunkt Marianne Thomann-Stahls. So bündelt die „Geschäftsstelle Gigabit.NRW“ der Bezirksregierung seit 2018 die komplexen Förderverfahren im Bereich des Breitbandausbaus. Zurzeit werden 68 Projekte mit insgesamt etwa 324 Millionen Euro an Bundes- und Landesmitteln in enger Kooperation mit Kreisen und Kommunen realisiert. Rund 80.000 Haushalte, mehr als 200 Schulen und circa 5.600 Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe werden davon profitieren.
Die durchgehende Digitalisierung aller Behörden auf allen Verwaltungsebenen ist die zwingende Voraussetzung für deren zukünftige Kommunikation – mit Bürgern, Unternehmen und untereinander. Daher ist die Beteiligung der Bezirksregierung Detmold an der „Digitalen Modellregion OWL“ gemeinsam mit dem Kreis und der Stadt Paderborn sowie den Städten Bielefeld und Delbrück selbstverständlich. Die Bezirksregierung hat darüber hinaus in den vergangenen Jahren die Federführung in verschiedenen Bestandteilen des Programms „Digitale Landesverwaltung NRW“ übernommen. Parallel zur „Industrie 4.0“ treibt die Bezirksregierung die „Verwaltung 4.0“ voran.
Heute sind Universitäten und Hochschulen für die Prosperität einer Region von maßgeblicher Bedeutung. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag für die wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung. Marianne Thomann-Stahl initiierte daher bereits zu Beginn ihrer Amtszeit Kontakte zwischen den heimischen Hochschulen und etablierte Foren für den konstruktiven Austausch.
Neben Wirtschaft und Wissenschaft nahm auch die Kultur einen hohen Stellenwert in der Amtszeit der scheidenden Regierungspräsidentin ein. 2006 initiierte sie die erste OWL-Kulturkonferenz, die seitdem jährlich vom OWL Kulturbüro durchgeführt wird. Die Konferenz bietet den heimischen Künstlern, Kulturvereinen und Interessierten eine Plattform für ihre Vernetzung. Gemeinsam mit Dr. Reinhard Zinkann und den beiden Industrie- und Handelskammern begründete Marianne Thomann-Stahl den Kulturförderpreis OWL, mit dem im Zweijahrestakt Unternehmen der Region ausgezeichnet werden, die sich in besonderem Maße für die Kultur einsetzen. Auch die Stabilisierung und Verankerung der Nordwestdeutschen Philharmonie war der scheidenden Regierungspräsidentin ein großes Anliegen.
Hintergrund: zur Person Judith Pirscher
Judith Pirscher, geboren am 29. Dezember 1967 in Dortmund, studierte Jura in Bayreuth, absolvierte ihr Referendariat in Nordrhein-Westfalen und arbeitete nach dem zweiten Staatsexamen als Rechtsanwältin für Öffentliches Recht.
Von 1998 an war sie für die Umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion tätig – zunächst in Bonn, danach in Berlin. Im Jahr 2000 wechselte Judith Pirscher als stellvertretende Geschäftsführerin und Justitiarin zur FDP-Landtagsfraktion nach Düsseldorf. Dort verantwortete sie die Bereiche der Innen- und Kommunalpolitik sowie den Bereich der Verfassungs- und Parlamentsfragen. Im Jahr 2005 übernahm sie als Leiterin des Ministerbüros die politische Koordination im NRW-Innenministerium. Von dort wechselte sie zum Verfassungsschutz im Innenministerium bevor sie im Oktober 2010 Ständige Vertreterin des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen wurde. Von April 2011 an war Judith Pirscher Landesrätin für den LWL-Bau- und Liegenschaftsbetrieb und Geschäftsführerin der Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe.